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Grenzüberschreitende Zusammenarbeit für psychisch Kranke

Kalendereintrag

Die RPK Karlsbad hat 2019 zusammen mit weiteren Partnern ein grenzhübergreifende Rehaprojekt in Deutschland und Fragreich gestartet. Im Interview mit der Trinationalen Gesundheitsbehörde Oberrhein erklärt RPK-Projektmitarbeiter Nicolas Lapchine das Projekt. Wir dokumentieren in deutscher Übersetzung im Folgenden das auf französisch geführte Interview:

Gegenstand und Ziel der Zusammenarbeit sind…

Nicolas Lapchine: Das Ziel der Zusammenarbeit besteht darin, es elsässischen Patienten mit schweren psychischen Störungen (hauptsächlich im psychotischen, neurotischen, somatoformen Spektrum sowie Persönlichkeits- und affektiven Störungen) zu ermöglichen, Zugang zu psycho-sozialen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen in RPK-Zentren (Rehabilitation für psychisch kranke und behinderte Menschen) zu erhalten, um eine nachhaltige soziale und berufliche Integration beiderseits des Rheins zu erreichen.

Die RPK-Zentren widmen sich der psycho-sozialen und beruflichen Rehabilitation von Menschen mit schweren psychischen Störungen, die oft in prekären Situationen leben und vom Arbeitsmarkt entfernt sind. Auf deutschem Gebiet hat das RPK-Programm eine bewährte Lösung für die Probleme von Unterbrechungen und erneuter Krankenhausaufnahme (nur 7%) im Zusammenhang mit Schwierigkeiten bei der Überleitung von psychiatrischer Versorgung zur beruflichen Integration (über 60% Integration in reguläre Arbeit oder berufliche Ausbildung am Ende des RPK-Programms) gebracht.

Um Patient*innen aus dem Nachbarland behandeln zu können, kooperieren wir mit…

N.L.: Das Projekt umfasst derzeit 4 Partner auf deutscher Seite und 4 Partner auf französischer Seite. Es handelt sich um 3 RPK-Zentren (Rehazentrum Christiani, SRH RPK Karlsbad, Therapeutikum Heilbronn), die 3 Krankenhäuser des Groupement hospitalier Basse-Alsace Sud Moselle (CH d'Erstein, Les Hôpitaux Universitaires de Strasbourg, L'EPSAN), den Verein Route Nouvelle Alsace als Vorreiter in der begleiteten Beschäftigung (SIMOT) im Bereich der psychischen Behinderung und ein Anbieter im Bereich der Berufliche Rehablitation (SRH fit for work) in Offenburg.

So kam es zu der Kooperation…

N.L.: Im Jahr 2017 entdeckte ich das RPK-Zentrum des Christiani-Vereins in Albbruck, das Rehazentrum Christiani RPK, im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung. Es war durch die Begegnung mit der deutsch-französischen Gruppe Psychiatrie-Rehabilitation und ihrer Koordinatorin Astride Schlenker, dass die Idee eines grenzüberschreitenden Projekts Form annahm und zur Unterzeichnung einer ersten Partnerschaftsvereinbarung zwischen dem CH d'Erstein und dem Rehazentrum Christiani im Jahr 2019 und zur Aufnahme des ersten Patienten in das grenzüberschreitende Programm im Jahr 2021 führte.

Im Rahmen der Kooperation werden die Patient*innen wie folgt grenzüberschreitend versorgt...

N.L.: Der transnationale Pfad kann entweder direkt als Fortsetzung der psychiatrischen Behandlung oder während der Übergangsphase zwischen der Krankenhausbehandlung und der Orientierung zu einem Sozial- und Berufseingliederungssystem auf Empfehlung der Partnerkrankenhäuser in Anspruch genommen werden. Interessierte Personen werden von den Therapiekoordinatoren zu einer Informationsveranstaltung, einer Bewertungsinterviews und einem Besuch des RPK-Zentrums empfangen. Ein Antrag auf Übernahme der Kosten wird dann beim Nationalen Zentrum für Behandlung im Ausland gestellt, das innerhalb von fünfzehn Tagen eine Antwort gibt. Die Aufnahme im RPK-Zentrum wird durch die Anwesenheit von zweisprachigen Therapeuten (Ärzte oder Krankenschwestern des Zentrums) erleichtert, wobei die französischen Partner aktiv zur Anpassung des Pfades im transnationalen Kontext beitragen (Öffnung oder Aufrechterhaltung der Rechte auf französischer Seite, Einrichtung angepasster Brücken). Die Dauer der Betreuung beträgt etwa 3 bis 12 Monate. Die in den RPK-Zentren angebotenen Therapien umfassen Werkzeuge zur psycho-sozialen Rehabilitation, kognitive Rehabilitation, indizierte Therapien und therapeutische Arbeitsgruppen (Ergotherapie, Schreinerei, Gartenarbeit, Nähen, Informatik usw.) je nach Bedarf und Fortschritt der Begünstigten. Das letzte Drittel des Programms widmet sich der Entwicklung von Perspektiven für soziale und berufliche Integration. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit den Eingliederungsbeauftragten, den therapeutischen Koordinatoren und den Verantwortlichen für den Kursverlauf des FitforWork-Zentrums für berufliche Rehabilitation und Route Nouvelle d'Alsace. Nach der Rückkehr nach Frankreich wird die Kontinuität der Betreuung durch die ursprünglichen Krankenhäuser gewährleistet und die Unterstützung bei der Arbeit (Jobcoaching) wird von Route Nouvelle d'Alsace übernommen.

Zu Beginn des Projekts hatten wir insbesondere Probleme mit…

N.L.: Aufgrund der Akzeptanz und Anerkennung des RPK-Konzepts, das von einigen Praktikern vor Ort als utopisch betrachtet wurde, da es medizinische, soziale und berufliche Aspekte umfasst, die auf symptomatische Remission, Genesung und soziale und berufliche Teilhabe abzielen, gibt es auf französischer Seite kein vergleichbares etabliertes Angebot, das die Kluft zwischen dem Gesundheits- und dem Sozial- und Pflegesektor überwindet. Die relative geografische Entfernung (ca. 150 km Radius) und die "Sprachbarriere" stellten potenzielle Hindernisse für die Mobilität der Begünstigten dar. Es mangelte auch an den notwendigen Finanzierungen für den Start des Projekts, insbesondere für die Schulung und Einstellung von zweisprachigem Personal.

Was uns den Aufbau der Zusammenarbeit erleichtert hat…

N.L.: Die Begegnung und der Austausch mit Projektträgern wie Lebenshilfe Offenburg (Projekt Participation 4.0), sowie die Beratung und Vernetzung durch das TRISAN-Team haben uns in Bezug auf den Nutzen, die Bedeutung und die Umsetzbarkeit unseres Projekts bestärkt.

Unsere Patient*innen profitieren von der Kooperation, weil…

N.L.: Das RPK-Programm stellt eine strukturierte Alternative zu langen medizinischen und medizinisch-sozialen Behandlungen dar und ermöglicht es Erwachsenen mit schweren psychischen Störungen, von einem stabilisierenden Rahmen zu profitieren, der zur Stabilisierung und Genesung beiträgt. Dieser Rahmen fördert auch die tägliche Autonomie und die Entwicklung sozialer und beruflicher Fähigkeiten.

Um in beiden Ländern behandelt werden zu können, müssen Patient*innen Folgendes tun…

N.L.: Die Integration in das Programm erfordert eine Anfrage auf geplante medizinische Behandlung im Ausland beim Centre National de Soins à l'Etranger. Die Patienten müssen lediglich ihr S2-Formular und ihre Europäische Krankenversicherungskarte mitbringen, um in den transnationalen Parcours aufgenommen zu werden.

Was unsere Patient*innen sagen…

N.L.: Derzeit befinden sich 3 Patienten auf dem Weg durch das Programm und eine Person hat das Programm erfolgreich abgeschlossen, indem sie einen dualen Studiengang absolviert hat. Die Patienten äußern ihre Zufriedenheit mit dem Versorgungsangebot, den sozialen Interaktionen mit deutschen Patienten und vor allem der Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in den zahlreichen therapeutischen Arbeitsworkshops "Arbeitstherapie" der RPK-Zentren zu entwickeln und neue Perspektiven zu eröffnen.

Für die zukünftige Entwicklung der Zusammenarbeit wünschen wir uns…

N.L.: Die Anerkennung des gesamten RPK-Programms in seiner Gesamtheit (medizinische Rehabilitationsphase und berufliche Rehabilitationsphase) durch französische Institutionen als multidimensionales Betreuungsmodell. Ein weiterer Wunsch betrifft die Bereitstellung von Finanzmitteln, um Patienten aufzunehmen, die über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen, und den Projektumfang zu erweitern. In diesem Sinne arbeiten wir an der Entwicklung eines Interreg-Projekts.

Schließlich hoffen wir, eine zweisprachige ambulante Rehabilitationsplattform auf der Achse Straßburg-Kehl-Offenburg starten zu können.